Zwölftklässler des Gymnasiums am Wall stellen in der Kreissparkasse aus
Stühle: Vom einfachen Sitzmöbel zum Kunstobjekt

Verdener Aller-Zeitung vom 04.02.12

Verden - Federstuhl, Giraffenstuhl, Königsthron, Toilettenstuhl, Krakenstuhl – mehr als 20 solcher „Sitzgelegenheiten“ haben die Schüler im Kunst-Prüfungskurs der Jahrgangsstufe zwölf am Gymnasium am Wall gestaltet und stellen sie bis Ende Februar in der Kundenhalle der Kreissparkasse Verden aus. Es sind schöne, interessante, aber auch skurrile Kunstwerke. Bei einigen zögert man, staunt, bei anderen erkennt man die Idee dahinter und die Metapher, die im Kunstwerk steckt, sofort.


© Foto: nie                     Rebecca Dabruck auf ihrem „Giraffenstuhl“.

Wann ist ein Stuhl ein Stuhl? Wenn er zum Sitzen gebraucht wird, das ist schon klar. Doch ein Stuhl kann so viel mehr sein, wie die Ausstellung „Kunst-Stuhl-Objekte“ auf wirklich beeindruckende Weise zeigt. Bei der Ausstellungseröffnung mit Schulleiterin Petra Serth und Dr. Beate Patolla von der Kreissparkasse wies Kunsterzieherin Dr. Christina Bachmann daher auch auf die teils fließenden Grenzen zwischen den Kunstobjekten sowie historischen oder modernen Design-Stühlen hin. Bachmann gab weiter einen geschichtlichen Abriss zum Alltagsmöbel Stuhl, der erst Ende des l9. Jahrhunderts zum bildwürdigen Gegenstand der Malerei geworden sei. Als Beispiel nannte sie van Goghs Bilder ,,Stuhl mit Pfeife“ oder „Gauguins Stuhl“ von 1888. Bachmann: „Vor allem bei van Gogh wird der Stuhl zum Stellvertreter des Menschen, verdeutlicht auch durch ein persönliches Aribut, seine Pfeife.“

Der Stuhl, so Bachmann, bestimme unser Leben und spiegele auch unseren Tagesablauf wider: „Wir sitzen auf einem Küchenstuhl, einem Bürostuhl, einem Fernsehsessel oder einem Zahnarztstuhl. Mittlerweile sind wir eine verstuhlte Gesellschaft.“ In den 50er und 60er Jahren hätten sich Stühle dann als beliebtes Ausgangsmaterial für Skulpturen und Happenings etabliert. So habe Joseph Beuys die Sitzfläche eines Stuhls mit Fett bearbeitet.

Die Schüler haben im Kunstunterricht an den Stühlen gearbeitet und außerdem viel Freizeit in das Projekt investiert. Auch der „Giraffenstuhl“ von Rebecca Dabruck ist fast ausschließlich in „Heimarbeit“ entstanden. „Ich habe dafür viel Aufwand betrieben und auch einige Nächte in die Arbeit investiert“, berichtet Rebecca, die den Giraffenkorpus aus Kaninchendraht und Zeitungspapier geformt hat. Sitzen tut es sich allerdings nicht sehr bequem darauf, aber dafür ist die Stuhl-Kunst, die später das Wohnzimmer der Familie zieren soll, auch nicht gemacht.

Die jungen Künstler und ihre Lehrerin haben Beeindruckendes geleistet. Es lohnt sich, die Kundenhalle der Kreissparkasse zu besuchen, um dort die Ausstellung in Augenschein zu nehmen. · nie